Gewerbegebiete klimaneutral entwickeln

Zur Erreichung der Klimaschutzziele, wie sie im Maßnahmenprogramm 2050 der Stadt Königswinter niedergelegt sind, ist es erforderlich, bei der Entwicklung neuer Gewerbegebiete und der Weiterentwicklung bestehender Gewerbegebiete die CO2-Emmissionen zu verringern und die damit verbundenen Reduktionspotenziale auszuschöpfen.

Eine Stadt der Zukunft benötigt Gewerbegebiete, die mehr sind als eine Summe ihrer Gebäude. Obwohl hier ein Teil der Verantwortung bei den privatwirtschaftlichen Unternehmen liegt, verfügt die städtische Wirtschaftsförderung und Stadtplanung über wichtige Handlungsspielräume. Durch eine klimafreundliche Planung und Vertragsgestaltung sowie über Beratungs- und Unterstützungsleistungen kann sie den Klimaschutz auch in diesem Sektor mit voranbringen.

Der Antrag im Wortlaut

Sehr geehrter Herr Bürgermeister,
wir bitten Sie nachstehenden Antrag der Koalition aus KöWI, SPD und Grünen sowie der Ratsmitglieder Ulrike Staudacher Ries, Florian Striewe, Björn Seelbach und Jasmin Sowa-Holderbaum sowie der sachkundigen Bürgerin Insa Thiele-Eich auf die Tagesordnung der nächsten Sitzung des Ausschusses für Stadtentwicklung, Umwelt und Klimaschutz (ASUK) zu setzen.

Antrag:

  1. Die Verwaltung wird beauftragt, das neue Gewerbegebiet Siefen von vornherein nachhaltig und klimafreundlich anzulegen und zu gestalten. Dabei ist eine enge Zusammenarbeit mit den künftigen Gewerbetreibenden erforderlich, um ökologische Erfordernisse und ökonomisches Interesse in Übereinstimmung zu bringen.
  2. Eine nachhaltige Quartierszertifizierung (z.B. gem. DGNB) wird grundsätzlich angestrebt. Dazu prüft die Verwaltung und stellt Chancen und Risiken, Aufwand und Nutzen einer Zertifizierung als nachhaltiges Quartier vor.
  3. Die Erfahrungen mit dem „Siefener Projekt“ sollten auch bei der Gestaltung aller künftigen und möglichen Gewerbegebiete, wie Hasenboseroth und Niederdollendorf, genutzt werden.
  4. Zudem sind ansiedlungsinteressierte, aber auch bestehende Unternehmen weiterhin dabei zu unterstützen, ihre Gebäude und Technik klimafreundlich und biodiversitätsfördernd zu gestalten.

Begründung:

Zur Erreichung der Klimaschutzziele, wie sie im Maßnahmenprogramm 2050 der Stadt Königswinter niedergelegt sind, ist es erforderlich, bei der Entwicklung neuer Gewerbegebiete und der Weiterentwicklung bestehender Gewerbegebiete die CO2-Emmissionen zu verringern und die damit verbundenen Reduktionspotenziale auszuschöpfen. Eine Stadt der Zukunft benötigt Gewerbegebiete, die mehr sind als eine Summe ihrer Gebäude. Obwohl hier ein Teil der Verantwortung bei den privatwirtschaftlichen Unternehmen liegt, verfügt die städtische Wirtschaftsförderung und Stadtplanung über wichtige Handlungsspielräume. Durch eine klimafreundliche Planung und Vertragsgestaltung sowie über Beratungs- und Unterstützungsleistungen kann sie den Klimaschutz auch in diesem Sektor mit voranbringen.

Bei der Planung des Gewerbegebiets Siefen, können mit Hilfe des neuen Klimaschutzmanagements von vornherein Aspekte der Nachhaltigkeit berücksichtigt werden. Dabei sehen wir ein nachhaltig entwickeltes Gewerbegebiet auch unter ökonomischen Gesichtspunkten als sinnvoll an. Mögliche Mehrkosten sollten nicht isoliert, sondern unter Betrachtung der gesamten Nutzungsdauer (Lebenszyklus) und steigender fossiler Energiekosten sowie CO2-Bepreisung betrachtet werden.

Dafür bieten sich folgende Möglichkeiten bzw. Stellschrauben an:

  • keine maximale Ausschöpfung des Maßes der baulichen Nutzung bei der Bebauungsplanung, begünstigte Grundstücksvergabe an Bauwillige, die platzsparende Maßnahmen berücksichtigen
  • Effiziente Flächenausnutzung durch vertikale Verdichtung, z.B. durch eine vertikale Stapelung verschiedener Gewerbenutzungen
  • keine Nutzung fossiler Energien
  • Maximale und gemeinsame Nutzung und Erzeugung erneuerbarer Energien im Gebiet Nutzung der Dachflächen für Solarenergienutzung (Photovoltaik oder Solarthermie) kombiniert oder ergänzt mit Gründächern (siehe auch unten)
  • Minimierung der Verkehrsflächen durch Reduzierung des Verkehrsaufkommens, Förderung von Elektromobilität auch beim Lieferverkehr, Ladestationen, Carsharing, Parkplatz-Sharing, attraktive Radstellplätze (auch für Lastenräder) und entsprechende Reduzierung von PKW-Stellplätzen, Fußwege, Anbindung an den ÖPNV
  • Regenwassermanagement zur Trennung von Trink- und Brauchwasser
  • Energieeffizientes Bauen (Wärmespeicher, Dämmung, passive Solarnutzung, Tageslichtnutzung, Beleuchtung etc.) im Plusenergie- oder Nullenergiehausstandard (mind. Passivhausstandard)
  • Verwendung von kohlenstoffbindenden Baustoffen wie Holz sowie natürlichen/nachwachsenden Baustoffen und/oder Recyclingbaustoffen, die einen sortenreinen Rückbau ermöglichen
  • Pflanzung von Naturflächen mit Bäumen, blühende Verkehrsflächen, Randstreifen, Flächenentsiegelung zur Regenwasserversickerung, Dach- und Fassadenbegründung
  • Förderung der Biodiversität durch gezielte ökologisch wertvolle und standortgerechte Bepflanzung
  • Die Vermeidung von Doppelstrukturen durch die gemeinsame Nutzung von Services, wie Rechnerleistungen, Catering, Versorgungs- und Waschräume etc.
  • Gemeinsames nachhaltiges Abfallmanagement
  • Lowtech vor Hightech z.B. durch baulichen Wärmeschutz und physikalische Lüftung statt Klimatechnik
  • Entstehung von Hitzeinseln vermeiden z.B. durch sinnvolle (helle, UV-reflektierende) Materialwahl, Schaffung von Verschattung, Wasserflächen und Berücksichtigung von Kaltluftströmen
  • Flexibilität der Baufelder, Gebäude und Freiräume
  • Konstruktionen und Innenausbauten sollten möglichst flexibel und anpassbar konzipiert werden
  • Hohe Aufenthaltsqualität für Mitarbeiter und Besucher
  • Nachhaltigkeitszertifizierungsysteme Nachhaltiges Bauen für Einzelgebäude bzw. Quartiere

Weiterführende Literatur:
(1) IHK Nordschwarzwald: Leitfaden Nachhaltige Gewerbe- und Industriegebiete der Zukunft, 2015
(2) „grün statt grau“. Gewerbegebiete im Wandel. Empfehlungen des Wissenschaftsladens Bonn mit der TU Darmstadt, der Uni Osnabrück und des Global Nature Fund für die Kommunen, 2020
(3) Urban Sandwich – Steigerung der Flächeneffizienz durch Stapelung gewerblicher Nutzungen, Hrsg: Amt für Stadtplanung und Wohnen der Stadt Stuttgart, 2020

Modellprojekte:
Großhülsberg in Remscheid-Lüttringhausen
Seckbach/Fechenheim-Nord in Frankfurt

Mit freundlichen Grüßen

Stephan Bergmann (Vors. KöWI-Fraktion)
Dirk Lindemann (Vors. SPD-Fraktion)
Thomas Koppe (Vors. Fraktion Bündnis 90 / Grüne)


Der Antrag als PDF im Download … (0,2 MB)

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