Koalition unterstützt Angebot der Geburtshilfe

Die beantragten Mittel dienen der Unterstützung der Durchführung eines Vernetzungsprozesses von Akteur:innen der Geburtshilfe und Familiengesundheit in Königswinter und Umgebung durch den gemeinnützigen Verein für Geburtshilfe und Familiengesundheit. Der Verein strebt mit der Gründung eines Geburtshauses ein Angebot wohnortnaher Geburtshilfe an und will damit eine Alternative zum künftig einzig verbleibenden Kreißsaal im Rhein-Sieg-Kreis in Troisdorf-Sieglar bieten.

Mit den beantragten Mitteln über 10.000 EUR soll die anfängliche Vernetzung der relevanten Akteur:innen aus Königswinter und Umgebung unterstützt werden. Es handelt sich ausdrücklich nicht um einen Beitrag zur Finanzierung der laufenden Tätigkeiten des Vereins. Der Verein soll sich durch Beiträge und die Einwerbung von Spenden selbst tragen. Er verfolgt hauptsächlich den Zweck der Einrichtung eines
Geburtshauses in Bad Honnef.

In den Beratungen des Stadtrates Ende Juni wurde von allen Fraktionen eine grundsätzliche Unterstützung signalisiert. Nun soll dem Verein im kommenden Hauptaussschuss die Möglichkeit gegeben werden, seine Arbeit zu präsentieren. Für uns ist dabei völlig klar: die Unterstützung wird es geben.

Der Antrag im Wortlaut

Aufbau einer wohnortnahen Geburtshilfe durch die Einrichtung eines Geburtshauses in Königswinter oder Bad Honnef, Unterstützung des in der Gründungsphase befindlichen gemeinnützigen Vereins „Verein für Geburtshilfe und Familiengesundheit e.V.“

Sehr geehrter Herr Bürgermeister,
wir bitten Sie nachstehenden Antrag der Koalition aus KöWI, SPD und Grünen sowie der Fraktionsmitglieder Dr. Katja Stoppenbrink, Dirk Lindemann, Andrea Trabert-Kirsch, Beate Simons und Stephan Bergmann auf die Tagesordnung der nächsten Sitzung des Stadtrates zu setzen.

Antrag:

  1. Für den Aufbau einer wohnortnahen Geburtshilfe durch die Einrichtung eines Geburtshauses in Königswinter oder Bad Honnef werden dem „Verein für Geburtshilfe und Familiengesundheit“ finanzielle Mittel in Höhe von bis zu 10.000 Euro bereitgestellt, um eine professionelle Vernetzung aller relevanten Akteur*innen in der Geburtshilfe in Königswinter und Umgebung zu ermöglichen.
  2. Es wird ein Sperrvermerk gesetzt, nach dem diese Mittel auf Grundlage eines von dem Verein erarbeiteten Vernetzungskonzepts, das dem Rat vorgelegt wird, durch den Rat freizugeben sind.

Begründung:

Die beantragten Mittel dienen der Unterstützung der Durchführung eines Vernetzungsprozesses von Akteur:innen der Geburtshilfe und Familiengesundheit in Königswinter und Umgebung durch den gemeinnützigen „Verein für Geburtshilfe und Familiengesundheit e.V.“. Der Verein befindet sich derzeit in Gründung. Die Gründung erfolgt am Freitag, 25 Juni, um 16 Uhr im Ratssaal im Bad Honnefer Rathaus. (Der Satzungsentwurf ist als Anlage A beigefügt.)

Der Verein wird nach seiner Gründung ein Konzept zur Durchführung und Finanzierung eines solchen Vernetzungsprozesses vorlegen. Die Freigabe der beantragten Mittel ist an die Prüfung des Konzepts und Aufhebung des Sperrvermerks durch den Stadtrat gebunden. In dem Konzept sollen die Aktionsformen (z.B. Organisation von Informationsveranstaltungen, thematischen Workshops und anderen Formen der Vernetzung) sowie die im Bereich von Geburtshilfe und Familiengesundheit tätigen einzubeziehenden Einrichtungen und natürlichen Personen konkret benannt und die jeweiligen Finanzbedarfe (z.B. Veranstaltungsorganisation, Moderation, Einladung externer Fachreferent:innen) beziffert und begründet werden. Das Konzept wird dem Stadtrat zur Prüfung und entsprechenden Mittelfreigabe vorgelegt.

Hintergrund und Erläuterung der Mittelverwendung
Zur Klarstellung sei explizit hinzugefügt, dass es bei den beantragten Mitteln um eine Unterstützung der anfänglichen Vernetzung der relevanten Akteur:innen aus Königswinter und Umgebung geht. Es handelt sich ausdrücklich nicht um einen Beitrag zur Finanzierung der laufenden Tätigkeiten des Vereins. Der Verein soll sich durch Beiträge und die Einwerbung von Spenden selbst tragen. Er verfolgt hauptsächlich den Zweck der Einrichtung eines Geburtshauses in Königswinter oder Bad Honnef. Er will damit mittelfristig im Wortsinn ein „Dach“ für die Durchführung von hebammengeleiteten Geburten bieten. Die Finanzierung der Dienstleistungen der Hebammen erfolgt über feste Gebührensätze, die mit den gesetzlichen Krankenkassen, ggf. auch den privaten Krankenversicherungen direkt abgerechnet werden. (Vgl. für die gesetzliche Krankenversicherung § 134a SGB V.)

Der Verein strebt mit der Gründung eines Geburtshauses ein Angebot wohnortnaher Geburtshilfe in Königswinter oder Bad Honnef an. Er will damit eine Alternative zum künftig einzigen verbleibenden Kreißsaal im Rhein-Sieg-Kreis in Troisdorf-Sieglar bieten. Zur Schließung des GFO-Standortes St. Josef in der Innenstadt Troisdorf siehe den Beitrag von Dieter Krantz im Rhein-Sieg-Anzeiger vom 01.06.2021; Link im Anhang Nr. 2)

Es gehört zum Prinzip der reproduktiven Selbstbestimmung, dass Schwangere für die Geburt ihres Kindes ein ihnen möglichst angenehmes Umfeld wählen können. Bei einer entsprechend positiven Risikoprüfung stellt ein Geburtshaus für Schwangere eine niederschwellig zugängliche Alternative zur Geburtsstation einer Großklinik dar. (Zu Risiken und Qualitätsanforderungen bei Geburtshausgeburten vgl. z.B. Bauer & Kötter 2013, Anhang Nr. 3; Volltext in der Anlage B.) In einer aktuellen britischen Metastudie wird nach einer systematischen Auswertung von Studien zur Entscheidungsfindung von Schwangeren betreffend die Wahl des Geburtsortes für ihr Kind angemahnt, dass mehr hebammengeleitete Einrichtungen geschaffen werden sollten (Zitat siehe Anhang Nr. 4).

Es gibt in der Region bislang lediglich in der Bundesstadt Bonn ein Geburtshaus, das von einem gemeinnützigen Verein getragen wird und in dem mittlerweile rund 100 Geburten jährlich stattfinden. (Link siehe Anhang Nr. 5) Bis Januar 2021 gab es im Cura Krankenhaus Bad Honnef, einer Betriebsstätte der Kliniken Bonn der Gemeinnützigen Gesellschaft der Franziskanerinnen zu Olpe mbH (GFO) eine Gynäkologische und Geburtshilfliche Station mit über 500 Geburten im Jahr. Viele Frauen aus Königswinter nutzten das Angebot und entschieden sich bewusst für eine Entbindung in Wohnortnähe. Durch die Schließung der Station hat sich für Frauen die Situation in der Geburtshilfe verschlechtert. (Vgl.den Antrag der Ratsfraktionen DIE LINKE, SPD, KöWI, GRÜNE, FDP und CDU betreffend eine Resolution zur Sicherstellung der wohnortnahen Geburtshilfe im Rhein-Sieg-Kreis und im Kreis Neuwied auf der 5. Sitzung des Stadtrats am 22.03.2021 unter Tagesordnungspunkt 7.1; Link im Anhang Nr. 6.)

Nach Bad Honnef wird mittelfristig auch das Troisdorfer Haus der GFO und die dortige Geburtsstation geschlossen. Seit der Schließung in Bad Honnef müssen Königswinterer Frauen längere Fahrzeiten nach Bonn und überfüllte Kreißsäle in Kauf nehmen. Das bedeutet für Frauen unter der Geburt außerordentlichen Stress und ein höheres gesundheitliches Risiko für Gebärende und Kinder. (Vgl. den Beitrag von Scarlet Schmitz im General-Anzeiger vom 30.05.2021; Link im Anhang Nr. 7.) Die Geburt eines Kindes ist für die gesamte Familie ein wichtiges und prägendes Lebensereignis, weshalb es wichtig ist, eine gute und persönliche Begleitung durch Schwangerschaft, Geburt und Wochenbett in Wohnortnähe sicherzustellen.

Der Aufbau eines Geburtshauses in Königswinter oder Bad Honnef soll eine wohnortnahe Alternative zur Großklinik bieten. Es ist daher im Sinne der Gebärenden in unserer Stadt geboten, den Verein in seiner Anfangsphase durch die Stadt Königswinter zu fördern.

Mit freundlichen Grüßen

Stephan Bergmann (Vors. KöWI-Fraktion)
Dirk Lindemann (Vors. SPD-Fraktion)
Thomas Koppe (Vors. Fraktion Bündnis 90 / Grüne)


Anhang

  1. Satzungsentwurf „Verein für Geburtshilfe und Familiengesundheit e.V.“, Gründungsversammlung am Freitag, 25.06.2021 = Anlage A
  2. Beitrag von Dieter Kranz im Rhein-Sieg-Anzeiger vom 01.06.2021 zur geplanten Schließung des GFO-Klinikstandorts in der Troisdorfer Innenstadt: https://www.ksta.de/region/rhein-sieg-bonn/troisdorf/krankenhaus-in-troisdorf-gfo-kliniken-gibt-st–josef-im-stadtzentrum-auf-38443140
  3. Bauer, S., & Kötter, C. (2013). Geburtshäuser: Versorgungsalternative zur Klinikentbindung? Zeitschrift fur Geburtshilfe und Neonatologie, 217(1), 14–23. https://doi.org/10.1055/s-0032-1333214 = Anlage B
  4. „[I]n thinking of solutions, it is more important than ever to embrace emergent models in maternity, like midwifery-led care […]“); Yuill, C., McCourt, C., Cheyne, H. et al. Women’s experiences of decision-making and informed choice about pregnancy and birth care: a systematic review and meta-synthesis of qualitative research. BMC Pregnancy Childbirth 20, 343 (2020); https://bmcpregnancychildbirth.biomedcentral.com/track/pdf/10.1186/s12884-020-03023-6.pdf, Zitat auf S. 19 von 21, Sp. 2 unter „Implications for Policy and Practice“.
  5. Link zum Geburtshaus und Zentrum für Primärgesundheit Bonn, das sich in der Trägerschaft des gemeinnützigen Vereins DOULA – Verein für Geburt in Würde und Menschlichkeit e.V. befindet: https://www.geburtshaus-bonn.de/home
  6. Antrag der Ratsfraktionen DIE LINKE, SPD, KöWI, GRÜNE, FDP und CDU betr. Resolution zur Sicherstellung der wohnortnahen Geburtshilfe im Rhein-Sieg-Kreis und im Kreis Neuwied, 5. Sitzung des Stadtrats am 22.03.2021 unter Tagesordnungspunkt 7.1: https://sdnet.koenigswinter.de/sdnetrim/UGhVM0hpd2NXNFdFcExjZb9DH54HkG0ZtP8PG4rgxiZdf0X7AK86F1X0zrHSxQ5F/Resolution.pdf
  7. Beitrag von Scarlet Schmitz im General-Anzeiger vom 30.05.2021 zu Geburtsstationen im Rhein-Sieg-Kreis; https://ga.de/region/sieg-und-rhein/troisdorf/immer-wieder-bekomme-ich-faelle-mit-in-denen-frauen-abgewiesen-werden_aid-58113685

    Alle angegebenen Webseiten sind zuletzt am 10.06.2021 abgerufen worden.

Der Antrag als PDF im Download … (0,25 MB)